In den über zwanzig Jahren, die ich nun schon mit Jesus lebe, sind mir immer wieder bestimmte Sätze begegnet, bei denen ich mich fragte: Was genau ist damit gemeint? Es begann als 14-Jähriger, gerade zum lebendigen Glauben gekommener Frischling, der seinen Pastor und seine Ältesten beobachtete, wie sie mit Gemeindemitgliedern sprachen. Manchmal endeten seelsorgerliche Gespräche oder Unterhaltungen im Hauskreis mit bestimmten Phrasen, die zuerst gut und richtig klangen, mir aber irgendwie nicht gefielen. Und da ich wie Jugendliche nun einmal sind alle Erkenntnis der Welt hatte (hier bitte Augen verdrehen), habe ich auch damals schon hin und wieder leise Zweifel an der absoluten Richtigkeit dieser Aussagen angemeldet.
Je mehr ich mich dann im Laufe der Jahre in die Gemeindearbeit einbrachte, desto höher wurde die Häufigkeit in der ich diese Sätze hörte… und die Größe meiner Ablehnung dieser oft leeren Worthülsen. Neugierig? Hier sind die Sätze, auf die ich mich beziehe.
Ich bin ja auch nur ein Mensch!
Ich habe schließlich noch ein Leben!
Ich bete mal drüber!
Ich schaue mal, ob es „dran“ ist!
Hast du schon einmal einen dieser Sätze gesagt? Keine Sorge, ich auch. Wie kommt es also, dass ich gerade in meiner jetzigen Arbeit als Pastor schon fast eine Allergie gegen diese Sätze entwickelt habe. Denn fast immer, wenn ich einen dieser Sätze höre, schüttelt es mich innerlich und ich muss aufpassen, nicht sofort mit dem Predigen anzufangen.
Aber Alex, was ist denn falsch an diesen Sätzen? Sie sind doch eigentlich gut und richtig. Ich stimme dir zu, eigentlich sind sie gut und richtig. Mir geht es hier auch nicht um Haarspalterei. Wenn ich allerdings merke, dass diese Sätze geistliches Wachstum aufhalten, muss ich als Pastor etwas dazu sagen… denn laut Epheser 4 ist es meine Aufgabe, geistliches Wachstum hervorzubringen. Schauen wir uns also die einzelnen Phrasen an.
Ich bin schließlich nur ein Mensch!
Biblisch gibt es einige Probleme mit dieser Aussage. Ich würde mich schon alleine deshalb niemals nur als Menschen bezeichnen, weil Gott uns erschaffen und so sehr geliebt hat, dass Er selbst Mensch wurde um unsere Sünde zu tragen. Wir sind also niemals nur Mensch. Wir sind Gottes Geschöpfe, geliebt und erlöst. Und gerade wenn wir an Jesus glauben sind wir eben nicht nur Mensch!
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!
2 Korinther 5,17
Aber noch mehr stört mich, dass diese Aussage oft dann gemacht wird, wenn jemand erklären will, dass er sich zu etwas nicht in der Lage fühlt. Zum Beispiel wird im Hauskreis über Gottes Liebe gesprochen. Ziemlich schnell kommt man an den Punkt, dass wir auch einander mit derselben Liebe lieben sollen. Garantiert wirst du von mindestens einer Person hören: Das kann ich nicht, ich bin schließlich auch nur ein Mensch!
Erstens, wenn Gott es uns im Neuen Testament sagt, dann können wir es auch! Was ich aber noch viel schlimmer finde, ist dass wir mit so einer Aussage von vornherein Gottes Gegenwart und die Kraft des Heiligen Geistes in unserem Leben verleugnen. Entweder ist Er mit uns, unser Helfer, unser Wunderbarer Ratgeber, oder nicht. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Wenn also diesen Satz sagen, was meinen wir damit?
Ich habe schließlich auch noch ein Leben!
Immer dann, wenn die Verantwortung von jemandem in der Gemeinde und das Alltagsleben zeitlich kollidieren, hören Pastoren diesen Satz. Auch hier gibt es viele Dinge, die ich aufzeigen könnte, aber das wäre hier nicht hilfreich. Als Pastor ist mir nur wichtig, dass wir erkennen, wie schädlich die Trennung von Gemeinde- und Privatleben sein kann. Oft vollzieht sich diese Trennung nicht nur gedanklich und kalendarisch, sondern auch geistlich. Zu oft wird das Verhalten in der Gemeinde von unserem Verhalten im Alltag getrennt. Zu oft werden die Prioritäten, die wir geistlich haben, von unserem Alltagsleben getrennt. Wir sollten diese „zwei Leben“ vereinen, statt sie zu trennen.
Denn für mich ist Christus das Leben…
Philipper 1,21
Wir haben nämlich nur ein Leben: Jesus! Wenn Christus wirklich unser Leben ist, dann sagen wir im Grunde: Ich habe schließlich auch noch einen Christus! Er ist unser Leben. Egal wo, wie und wann Er uns gebrauchen will, wir lieben Ihn und wollen Seinen Willen tun. Trenne nicht das, was Gott zusammengefügt hat!
Ich bete mal drüber!
So, Alex, jetzt dürfen wir nicht mal mehr beten, ja? Das sage ich ja gar nicht. Tatsächlich ist dieser Satz aber oft die christliche Art und Weise Nein zu sagen. Wenn wir Nein sagen wollen, sollten wir das ehrlicherweise auch tun, und nicht das Gebet vorschieben.
Es gibt allerdings auch Fälle, wo dieser Satz pure Rebellion darstellt.
Gehorcht euren Führern und fügt euch ihnen; denn sie wachen über eure Seelen als solche, die einmal Rechenschaft ablegen werden, damit sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn das wäre nicht gut für euch!
Hebräer 13,17
Ein wichtiger Vers, über den fast nie gepredigt wird. (Vorsicht: Falls ein Pastor diesen Vers allerdings ständig zitiert, stimmt auch etwas nicht!) Tatsache ist: In der Gemeinde gibt es Leiter, so hat Gott es gewollt. Und gegenüber diesen Leitern sollte, nein, muss es eine gewisse Unterordnung geben. Wenn dich ein Leiter bittet, ob du heute den Kaffee nach dem Gottesdienst zubereiten könntest, sollte der Satz Ich bete mal drüber nie über deine Lippen kommen! Denk nicht mal nach, ob du es tun willst, oder nicht. Sag Ja!
Ich schaue mal, ob es „dran“ ist!
Gibt es Dinge, die gut sind, aber eben nicht immer für uns dran sind? Ja! Müssen immer alle das gleiche machen? Nein!
Gerade als Pastor wird man ständig damit konfrontiert. Pastor Alex, diese Gemeinde macht das so und so, dass müssen wir auch machen! Alex, jene Gemeinde hat dies und das, und das brauchen wir auch! Diese Dinge sind bestimmt alle gut. Die Frage ist, ob sie auch für uns dran sind. Ich verstehe also, wenn man das zuerst einmal herausfinden möchte.
Was kann also daran falsch sein? Erstens, kommt es manchmal gefährlich nahe an Ich bete mal drüber! Zweitens, vernachlässigt auch dieser Satz oft das Wort Gottes.
Wenn Gott uns in Seinem Wort etwas sagt, ist es dran! Es sei denn, der Heilige Geist spricht zu unserem Herzen, dass wir aus irgendeinem Grund, einen anderen Weg einschlagen sollen.
Als sie aber Phrygien und das Gebiet Galatiens durchzogen, wurde ihnen vom Heiligen Geist gewehrt, das Wort in [der Provinz] Asia zu verkündigen. Als sie nach Mysien kamen, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen; und der Geist ließ es ihnen nicht zu. Da reisten sie an Mysien vorbei und kamen hinab nach Troas. Und in der Nacht erschien dem Paulus ein Gesicht: Ein mazedonischer Mann stand vor ihm, bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!
Apostelgeschichte 16,6-9
Jesus hatte Seinen Jüngern den Missionsbefehl gegeben. Geht! hatte Er zu ihnen gesagt, das war Sein Wort! Wenn Jesus es sagt, ist es eigentlich immer dran. Die Jünger beteten nicht nächtelang, bis sie eine Weisung bekamen, wo sie predigen sollten. Nein, Jesus sagte, sie sollen gehen und predigen, das war genug.
Hin und wieder gab es aber Bereiche, wo der Heilige Geist ihnen zeigte, dass es nicht dran war, dort hin zu gehen. Das war aber die Ausnahme! Generell gilt: Wenn es im Einklang mit Gottes Wort ist, ist es dran! Und wir vertrauen auf Seine gute Führung, dass Er uns warnt, falls dem nicht so ist. Was wir aber eigentlich nicht tun müssen, ist schauen, beten, fasten, ob es auch wirklich dran ist.
Ich hoffe dieser Artikel hat dich ermutigt, denn genau das wollte ich tun! Ich will dich ermutigen, darüber nachzudenken, was du eigentlich meinst, wenn du diese Sätze sagst. Und wenn du merkst, dass du diese Sätze falsch benutzt, dann komme einfach in Einklang mit Gottes Wort. Du wirst merken, wie segensreich das ist!